See it, love it, buy it – Wie TikTok Shop eine neue Ära des Social Commerce einleitet

Gastbeitrag
31. Jan.. 2025
Eine rote Tasche in einem pinken Einkaufswagen

Ein Gastkommentar von Kristina Mertens

Der Start von TikTok Shop markiert in meinen Augen einen entscheidenden Wendepunkt für den deutschen E-Commerce. Während Social Commerce in Märkten wie China und den USA bereits gut etabliert ist, steckt der Handel hierzulande diesbezüglich noch in den Kinderschuhen.

Gerade für jüngere Shopper - und damit für die Kernzielgruppe vieler Online-Händler - sind Plattformen wie TikTok, YouTube, Instagram und Co. jedoch längst nicht mehr nur Entertainment-Plattformen, sondern auch Orte der Shopping-Inspiration und Produktrecherche geworden. Kommerzieller Content ist nicht mehr nur geduldet, sondern wird aktiv nachgefragt – zumindest, solange er sich organisch anfühlt und einen gewissen Unterhaltungsfaktor mit sich bringt.

In meinen Augen ist ein vollumfängliches Social Commerce Angebot, wie es TikTok Shop nun anbieten wird, also die einzig logische Konsequenz aus der natürlichen Verschmelzung von Unterhaltung und Kommerz, die seit Jahren auf nahezu allen Social Media Plattformen zu beobachten ist. 

Hinzu kommt die Ernsthaftigkeit, mit der TikTok den Ausbau seiner Commerce-Aktivitäten vorantreibt, inklusive des Aufbaus einer eigenen Logistik-Infrastruktur und enormen Personal-Investments in seine Handelssparte. TikTok Shop könnte nun also endlich der nötige Katalysator sein, um die Entwicklung von Social Commerce in Deutschland und Europa zu beschleunigen.

Frictionless Checkout Experience als USP von TikTok Shop

Das größte Hindernis im Social Commerce war bisher die fragmentierte Customer Journey. Anders gesagt: Der Weg vom Kaufimpuls zum tatsächlichen Kauf ist zu kompliziert. Was im Social Media Feed noch unterhaltsam und inspirierend beginnt, endet oft in frustrierten Kaufabbrüchen.

Statt eines nahtlosen Übergangs zum Kaufprozess beginnt eine mühsame Schatzsuche in der Creator-Bio nach dem richtigen Produktlink zwischen zahllosen anderen Verlinkungen und Hinweisen. Hat man den Link endlich gefunden, folgt die ernüchternde Weiterleitung zu einem externen, emotionslosen Shop, wo unmittelbar aggressive Newsletter-Pop-ups, sperrige Cookie-Banner und Rabattcode-Fenster über den Screen fliegen – oft in einem Layout, das auf dem Smartphone kaum bedienbar ist.

Die Kirsche auf dieser frustrierenden Torte bildet dann der eigentliche Checkout-Prozess: keine gespeicherten Nutzerdaten, keine hinterlegten Zahlungsinformationen, keine gespeicherte Rechnungs- und Lieferadresse. Stattdessen wartet ein scheinbar endloser Formular-Dschungel, gekrönt von einer nervigen 2-Faktor-Authentifizierung beim Zahlungsanbieter als finaler Conversion-Endgegner.

Die Konsequenz einer so holprigen Customer Journey ist so vorhersehbar wie geschäftsschädigend: Genervte Nutzer brechen den Kaufprozess ab und Händlern entgehen dadurch wertvoller Umsätze.

Aus diesem Grund setze ich große Hoffnung in TikTok Shop, denn dort findet die gesamte Customer Journey nahtlos innerhalb der App statt – von der Inspiration bzw. dem Kaufimpuls bis zum Kaufabschluss. Diese Infrastruktur ist ein massiver Hebel, um die wertvolle, bereits aktivierte Nutzerbasis in kaufende Kunden zu konvertieren. 


Eine Frau präsentiert Blumen vor einem Ringlicht und einem Smartphone

Noch mehr Insights, Fakten und Hintergründe zu TikTok Shop und dem erwarteten Start des Features in Deutschland, erfährst Du in diesem Artikel. Du willst wissen, wie sich TikTok Shop in anderen Märkten schlägt, welche Chancen es für Marken und Unternehmen bereithält und welche Stolpersteine auftauchen könnten? Dann wirf einen Blick in den Beitrag:


Händler sind mit neuen Anforderungen an ihren Content konfrontiert

Neben all dem Hype bedeutet die Einführung von TikTok Shop natürlich auch, dass Einzelhändler ihre Strategien auf kurz oder lang grundlegend überdenken und auf die Anforderungen von Social Commerce optimieren müssen.

Klassische Produktpräsentationen und perfekt inszenierte Ads werden nicht mehr ausreichen. Guter Content – insbesondere wenn er von Creators und ihren Communities stammt – ist DIE Währung im Social Commerce. Dazu zählen unterhaltsame Kurzvideos, organisch-ästhetische Fotos, informative Long-Form Formate, intensive Interaktionen mit und innerhalb der Community, Livestreams und, und, und. Anders gesagt: Produkte müssen eine Geschichte erzählen, um die Aufmerksamkeit der NutzerInnen zu erregen. 

Die Gunst der Creator ist der Schlüssel zum Erfolg

Langfristige Kooperationen mit Creators spielen eine Schlüsselrolle im Social Commerce. Ohne die Reichweite und den Einfluss von ihnen ist es nahezu unmöglich, seine Brand und Produkte erfolgreich auf Social Commerce Plattformen zu platzieren. Im Gegensatz zu traditionellen Werbeformen wie Social Ads oder Sponsored Posts setzen diese auf authentische Produktpräsentationen, die sich natürlich in ihren üblichen Content einfügen

Creator fungieren als vertrauenswürdige Berater für ihre Community und können durch die persönliche, ehrliche Verbindung zu ihren Followern deren Kaufentscheidungen maßgeblich beeinflussen. Produktempfehlungen von Creators werden dabei nicht als störende Werbung wahrgenommen, sondern als wertvoller Content – solange dieser charmant verpackt eine unterhaltsame Geschichte erzählt.

Dabei bin ich davon überzeugt, dass Schlüssel zu einer erfolgreichen Creator-Strategie auf TikTok dabei nicht darin liegt, primär auf wenige reichweitenstarke Influencer zu setzen. Stattdessen ist es deutlich effektiver, mit vielen verschiedenen authentischen Creators zusammenzuarbeiten, die zur eigenen Zielgruppe passen. 

Der Grund dafür liegt im Discovery-Design von TikTok: Anders als bei Instagram oder YouTube basiert der Feed nicht hauptsächlich auf Content von Accounts, denen Nutzer folgen. Stattdessen spielt der TikTok-Algorithmus vor allem Content aus, den er als relevant für den jeweiligen User einstuft. Das macht es besonders wertvoll, wenn Nutzer immer wieder über verschiedene Creator mit einer Marke in Kontakt kommen – ein Phänomen, das als Mere-Exposure-Effekt bezeichnet wird: Je öfter Menschen einer Marke begegnen, desto vertrauter und attraktiver nehmen sie diese wahr.


hitschies sind inzwischen weit mehr als über Generationen hinweg geliebte Süßigkeiten - sie sind Kult. Das liegt auch an einer Unternehmensspitze, die eine Traditionsmarke in ihrer Außenwirkung auf links gedreht haben. Im FEMALE in RETAIL Podcast verrät Julia Winkler, wie Community Building und eine raffinierte Social Media Strategie die hitschies zur modernen Love Brand gemacht haben.


Eine hohe Produktqualität ist wichtiger als je zuvor 

Social Media und Social Commerce leben von Austausch, Interaktion und Empfehlungen. Creator und ihre Communities können Marken und Produkte erwiesenermaßen in kürzester Zeit bekannt machen und ihren Erfolg maßgeblich beeinflussen. 

Doch dieser Effekt funktioniert in beide Richtungen: Erfüllt ein Produkt oder eine Marke nicht die Erwartungen der Käuferschaft, kann die öffentliche Meinung schnell ins Negative kippen.

Ein schlechtes Preis-Leistungs-Verhältnis, irreführende Versprechen oder moralische Fehltritte des Unternehmens können das Vertrauen der Community zerstören und den Erfolg nachhaltig gefährden. Für langfristigen Erfolg auf Social Media durch Word of Mouth ist eine herausragende Produktqualität daher unerlässlich.

Let’s Go Social – Deutschland ist bereit für TikTok Shop

Obwohl Deutschland traditionell eher zurückhaltend ist, wenn es darum geht, auf „neue“ E-Commerce-Trends aufzuspringen, könnte TikTok Shop hier eine Ausnahme sein. Dafür sprechen mehrere Faktoren: die wachsende Präsenz der Social-Shopping-affinen Gen Z und Millennials auf der Plattform, das enorme Potenzial von Live-Shopping, mit dem in China bereits Milliardenumsätze erzielt werden, und die niedrige Eintrittsbarriere durch die direkte Integration mit bestehenden Shopsystemen wie Shopify oder Amazon.

Für Online-Händler bietet sich jetzt die Chance, eine Vorreiterposition einzunehmen. Ähnlich wie in den Anfängen der Facebook- und Instagram-Werbung können Early Adopters von niedrigeren Wettbewerbskosten und einer hohen organischen Reichweite profitieren. TikTok Shop als zusätzlicher Kanal sollte im Multi-Channel-Mix daher nicht einfach als stiefmütterlich behandeltes, experimentelles Extra, sondern als ein zentraler Bestandteil jeder zukunftsorientierten E-Commerce-Strategie betrachtet werden.

Kristina Mertens von everstox

Autorin: Kristina Mertens

Kristina ist seit etwa 8 Jahren im Bereich E-Commerce und Online-Marketing tätig. Sie moderiert einen wöchentlichen E-Commerce & Marketing-Podcast namens „wieCommerce?“ und leitet das Marketingteam von Europas führendem E-Commerce-Fulfillment-Anbieter everstox.

Ähnliche Beiträge

K5 Newsletter

Hol Dir Inspirationen und Markteinordnungen von den Besten der Branche in Dein Postfach! Experten-Gespräche, Best Practices, Deep Dives, unsere neuesten Podcastfolgen und vieles mehr erwarten Dich in unserem K5 Newsletter.

K5 Newsletter

Hol Dir Inspirationen und Markteinordnungen von den Besten der Branche in Dein Postfach! Experten-Gespräche, Best Practices, Deep Dives, unsere neuesten Podcastfolgen und vieles mehr erwarten Dich in unserem K5 Newsletter.
K5 Logo
The future retail platform
K5 - die zentrale Anlaufstelle für Macher*innen, die den E-Commerce und den Future Retail mitgestalten. Top Händler und Dienstleister tauschen sich über aktuelle Situationen und Trends der digitalen Handelsszene aus.
DatenschutzImpressum
© 2024 All Rights Reserved | K5 GmbH
K5 Logo
The future retail platform
K5 - die zentrale Anlaufstelle für Macher*innen, die den E-Commerce und den Future Retail mitgestalten. Top Händler und Dienstleister tauschen sich über aktuelle Situationen und Trends der digitalen Handelsszene aus.
K5 Newsletter
Hol Dir Inspirationen und Markteinordnungen von den Besten der Branche in Dein Postfach!
DatenschutzImpressum
© 2024 All Rights Reserved | K5 GmbH
crossmenu