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Showdown im Quick Commerce: Wer bleibt übrig?

Katrin Grieser
Katrin Grieser
20. Aug. 2024
Das Bild zeigt eine Lebensmittellieferantin auf einem E-Roller in einer Stadt

Der Quick Commerce-Markt in Deutschland befindet sich in einem tiefgreifenden Umbruch. Nachdem sich Gorillas und Getir in den vergangenen zwei Jahren aus dem deutschen Markt zurückgezogen haben, sortiert sich die Branche neu, wobei Flink als nahezu einziger großer Anbieter übrig bleibt. Diese Entwicklung wirft die Frage auf, wie sich die Food & Delivery-Branche in naher (und ferner) Zukunft gestalten wird.

Der Aufstieg und Fall der Quick Commerce-Anbieter

Während der Corona-Pandemie erlebten Quick Commerce-Dienste einen regelrechten Boom. Unternehmen wie Gorillas, Getir und Flink traten 2020 mit aggressiven Marketingkampagnen und dem Versprechen ultraschneller Lieferungen (d.h. in teils unter 30 Minuten) in den deutschen Markt ein. Sie wuchsen rasant, stießen aber bald auf finanzielle Schwierigkeiten und laute Kritik an den Arbeitsbedingungen ihrer FahrerInnen.

Gorillas geriet in finanzielle Schieflage und wurde Ende 2022 von Getir übernommen. Doch auch der türkische Konkurrent konnte sich nicht lange halten und kündigte kürzlich seinen Rückzug aus Deutschland, Großbritannien, den USA und den Niederlanden an. Dies überraschte ExpertInnen, da Synergien zwischen Getir und Gorillas offenbar nicht genutzt wurden.

Flink als letzter großer Player

Mit dem Rückzug von Getir ist das Berliner Startup Flink, das vom Supermarktriesen Rewe unterstützt wird, nun der fast einzige verbliebene reine Quick Commerce-Anbieter in Deutschland. Flink sieht dies als Chance und erwartet, einen Großteil der ehemaligen Kunden von Gorillas und Getir zu gewinnen. Das Unternehmen erwägt sogar die Übernahme von Gorillas-Standorten. ExpertInnen sehen Potenzial für Flink, warnen aber, dass das Unternehmen schnell handeln muss, um das Geschäftsmodell profitabel zu gestalten. Dies könnte auch erkennbar höhere Preise für KundInnen bedeuten.

Herausforderungen und Potenzial 

Trotz der Turbulenzen in der Branche sehen ExpertInnen weiterhin großes Potenzial im deutschen Online-Lebensmittelmarkt. Laut dem Handelsverband Deutschland (HDE) wurden im vergangenen Jahr nur etwa drei Prozent der gesamten Lebensmittelumsätze online getätigt. Dabei ist dieser Bereich zwischen 2020 und 2023 um rund 16 Prozent gewachsen und gehört damit zu den am schnellsten wachsenden Online-Segmenten.

Traditionelle Supermarktketten wie Edeka und Rewe sind bereits seit einiger Zeit im Lebensmittel-Liefergeschäft aktiv. Rewe betreibt einen eigenen Online-Lieferdienst mit längeren Lieferzeiten und baut dafür eine spezielle Logistikinfrastruktur auf. Edeka ist zudem am Lieferdienst Picnic beteiligt, der sich derzeit stark ausbreitet.


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Die Zukunft des Quick Commerce

ExpertInnen gehen davon aus, dass die Dynamik im Online-Lebensmittelmarkt anhalten wird. Die blitzschnellen Lieferzeiten der Anfangsjahre sind dabei kein entscheidendes Merkmal mehr. Stattdessen setzt bspw. Anbieter Picnic auf feste Routen nach dem Milchmann-Prinzip und Discounter-Preise, während Knuspr mit einem großen Sortiment zwischen Supermarkt und Hofladen überzeugen will.

Es wird erwartet, dass aller Pleiten zum Trotz neue Unternehmen und Startups in den Markt eintreten werden. Die Branche bleibt also weiterhin in Bewegung, auch wenn derzeit noch kein neuer flächendeckender Wettbewerber am Horizont sichtbar ist.

Rentabilität und Geschäftsmodell

Trotz der Herausforderungen zeigen Berechnungen, dass Quick Commerce grundsätzlich das Potenzial hat, eine höhere Rentabilität zu erzielen als der traditionelle Handel. Die Aufschläge der Anbieter auf die aktuellen Einzelhandelspreise sind gering, was für die Akzeptanz bei Verbrauchern wichtig ist. Zudem bieten ihre Geschäftsmodelle Kostenvorteile, da sie keine Laden- oder Parkplatzmieten zahlen müssen.

Allerdings gibt es noch erhebliche Optimierungsmöglichkeiten, etwa in der Automatisierung von Dark Stores, der Zustellung und im Pricing. Langfristig wird die Rentabilität von der Größe der Warenkörbe, der Höhe der Liefergebühren und der Auslastung der FahrerInnen abhängen.

Auswirkungen auf den traditionellen Einzelhandel

Der Aufstieg des Quick Commerce könnte sich zur dritten großen Disruption der Branche entwickeln - nach dem Aufstieg der Discounter und der zunehmenden Verlagerung auf Nahversorger und das Internet.

Bislang reagieren die etablierten Lebensmittelhändler nur langsam auf das Modell der schnellen Lieferung. Einige konzentrieren sich auf Partnerschaften mit Lebensmittel-Lieferanten, was jedoch nur kurzfristige Vorteile bringen dürfte. Sinnvoller wären Kooperationen gegen eine Beteiligung, beispielsweise mit Aufstockungsoption und verbindlichen Kooperationsverträgen.

Verena Schlüpmann
Geschäftsführerin der K5
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Veränderte Bedürfnisse bei KonsumentInnen

Aktuelle Krisensituationen, insbesondere die Inflation, haben außerdem zu einer merklichen Anpassung des Kaufverhaltens geführt. Dennoch bleiben einige Trends weiterhin tragend bei der Kaufentscheidung. So haben für 22 Prozent der befragten VerbraucherInnen Omnichannel-Modelle an Bedeutung gewonnen und mehr als 50 Prozent nutzen Online-Kanäle, um die Produktverfügbarkeiten zu prüfen oder Produkte direkt online zu kaufen.

Auch das Thema Nachhaltigkeit verliert nicht an Bedeutung: Über 50 Prozent der VerbraucherInnen sind bereit, Preisaufschläge zu akzeptieren, wenn sie ein nachhaltiges Produkt erwerben. Gleichzeitig passen KundInnen ihr Kaufverhalten an die aktuelle Inflation an, denn 45 Prozent warten beim Kauf, bis das Produkt im Angebot ist, und 60 Prozent nutzen Online-Preisvergleichsportale, um ihre Ausgaben zu reduzieren.

Fazit

Der Quick Commerce-Markt in Deutschland steht vor großen Herausforderungen und Hürden, bietet aber nach wie vor erhebliches Potenzial. Mit dem Rückzug von Getir und der dominanten Position von Flink zeichnet sich eine Neuordnung der Branche ab. Traditionelle Einzelhändler und neue Akteure werden um Marktanteile kämpfen müssen, während sich die KonsumentInnenbedürfnisse weiter verändern. Die Zukunft des Quick Commerce hängt schlussendlich davon ab, wie gut die Unternehmen ihre Geschäftsmodelle an die sich wandelnden Bedingungen und Bedürfnisse anpassen können.

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