Die jüngste Ausgabe des B2BEST Barometers, einer Studie des ECC KÖLN in Zusammenarbeit mit Creditreform, wirft ein Flutlicht auf den Stand der Nachhaltigkeit in der B2B-Branche. Die Ergebnisse zeigen: Während Nachhaltigkeit als Thema auch hier zunehmend an Bedeutung gewinnt, hapert es vielerorts noch an der konkreten Umsetzung.
Die Studie macht deutlich, dass Nachhaltigkeit auch für B2B-Unternehmen immer wichtiger wird. Aktuell stufen 53% der befragten Unternehmen das Thema als "äußerst wichtig" oder "sehr wichtig" ein. Für die nächsten 5 Jahre steigt dieser Wert auf 75%, in 10 Jahren sogar auf 77%.
Diese Entwicklung spiegelt den gesamtgesellschaftlichen und langanhaltenden Trend wider, bei dem Nachhaltigkeit zunehmend in den Fokus rückt. Interessanterweise zeigt sich hier ein leichter Unterschied zwischen Großhändlern und Herstellern: Letztere messen dem Thema tendenziell eine noch höhere Bedeutung bei.
Environmental, Social, and Governance (ESG) Kriterien werden außerdem von vielen Unternehmen als entscheidend für die langfristige Wettbewerbsfähigkeit wahrgenommen. 76% der Befragten stimmen der Aussage zu, dass ESG wichtig ist, um auf Dauer überhaupt wettbewerbsfähig zu bleiben. Dieser hohe Wert macht deutlich, dass Nachhaltigkeit nicht mehr nur als "Nice-to-have" betrachtet wird, sondern als strategischer Faktor für den Unternehmenserfolg. Besonders ausgeprägt ist diese Einschätzung übrigens bei größeren Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern.
Trotz der erkannten Bedeutung von Nachhaltigkeit und ESG stehen viele Unternehmen bei der Umsetzung noch am Anfang der Entwicklung. 65% der Befragten geben an, im Bereich ESG in ihrem Unternehmen noch in den Kinderschuhen zu stecken.
Diese Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit zeigt sich besonders deutlich bei kleineren Unternehmen mit bis zu 249 Mitarbeitern. Hier liegt der Anteil derjenigen, die sich noch in den Anfängen sehen, sogar bei 78%.
Die Gründe für diese Umsetzungslücken sind vielfältig. Oft fehlen die notwendigen Ressourcen oder das Know-how für eine umfassende und langfristige Implementierung von Nachhaltigkeitsstrategien. Auch die Komplexität des Themas und die sich ständig ändernden regulatorischen Anforderungen stellen viele Unternehmen vor Herausforderungen.
Ein wichtiger Treiber für mehr Nachhaltigkeit in Unternehmen ist die neue EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeits-Sorgfaltspflicht, die Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD). Ab 2027 müssen große Unternehmen mit mehr als 5.000 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von 1,5 Milliarden Euro die Einhaltung von Menschenrechts- und Umweltstandards in ihrer gesamten Lieferkette sicherstellen. Für kleinere Unternehmen gilt diese Richtlinie erst ab 2029.
Die Studie des ECC Köln macht klar, dass die Erwartungen an die CSDDD gemischt sind. Während 63% der Befragten eine Verbesserung des Umweltschutzes erwarten, rechnen 22% mit negativen Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen außerhalb der EU.
Die Einführung der CSDDD bringt für die Unternehmen im B2B-Sektor diverse Herausforderungen mit sich. Als größte Hürden werden der bürokratische Aufwand und steigende Kosten genannt. Weitere Herausforderungen sind aber auch die Berichterstattung und Dokumentation der Lieferketten, Unsicherheiten zu gesetzlichen Vorgaben sowie die Überprüfung von Lieferanten. Diese Ergebnisse unterstreichen, dass die Umsetzung von Nachhaltigkeitsrichtlinien nicht nur eine Frage des Willens ist, sondern auch erhebliche operative und finanzielle Anstrengungen erfordert.
Trotz der Herausforderungen sehen viele Unternehmen in der CSDDD auch große Chancen, insbesondere für deutsche Firmen. 78% der Befragten sind der Meinung, dass Unternehmen, die bereits die Anforderungen des deutschen Lieferkettengesetzes erfüllen, von einem europäischen Gesetz profitieren werden.
Zudem glauben 71%, dass deutsche Unternehmen durch ein einheitliches europäisches Lieferkettengesetz im internationalen Vergleich weniger Wettbewerbsnachteile haben werden. Die frühzeitige Anpassung an strenge Nachhaltigkeitsstandards kann sich langfristig als Wettbewerbsvorteil herauskristallisieren.
Ein besonders interessanter Aspekt der Studie ist die interne Kommunikation von Nachhaltigkeitsbemühungen. Hier zeigen sich deutliche und große Lücken: Viele Mitarbeitende sind nicht oder nicht ausreichend über die Nachhaltigkeitsstrategien ihres Unternehmens informiert. Diese Erkenntnis verdeutlicht die Notwendigkeit einer verbesserten internen Kommunikation. Denn nur wenn alle Mitarbeitenden die Nachhaltigkeitsziele verstehen und mittragen, können diese erfolgreich und langfristig umgesetzt werden.
Die Studie zeichnet ein differenziertes und interessantes Bild der Nachhaltigkeit im B2B-Sektor. Einerseits wird die theoretische Bedeutung des Themas klar erkannt, andererseits gibt es bei der praktischen Umsetzung noch erheblichen Nachholbedarf.
Festhalten lässt sich: Nachhaltigkeit wird zu einem entscheidenden Wettbewerbsfaktor. Unternehmen, die jetzt investieren, können sich langfristig Vorteile sichern und das sowohl auf dem deutschen, als auch auf dem internationalen Markt.
Die Umsetzung von Nachhaltigkeitsstrategien erfordert außerdem einen ganzheitlichen Ansatz. Neben der Erfüllung regulatorischer Anforderungen sollten Unternehmen auch die Chancen für Innovationen und die Optimierung interner Prozesse nutzen.
Kleine und mittlere Unternehmen benötigen allerdings besondere Unterstützung bei der Implementierung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen. Hier können Branchenverbände oder staatliche Förderprogramme ansetzen. Die Unternehmen im B2B-Sektor müssen zudem die interne Kommunikation von Nachhaltigkeitszielen und -maßnahmen verbessern, da nur so auch eine nachhaltige Unternehmenskultur entstehen kann.
Insgesamt macht die Studie des ECC Köln in Zusammenarbeit mit Creditreform klar, dass der Faktor Nachhaltigkeit in der B2B-Branche an einem Wendepunkt steht und sich von einem Randthema zu einem zentralen strategischen Faktor entwickelt hat. Die kommenden Jahre werden entscheidend dafür sein, welche Unternehmen diese Herausforderung meistern und Nachhaltigkeit als Wettbewerbsvorteil und Chance nutzen können.