So kompliziert war die Konsumlandschaft schon lange nicht mehr – für HändlerInnnen wie KundInnen gleichermaßen. Steigende Preise, Insolvenzen und schwindende Kaufkraft hinterlassen teils sehr tiefe Spuren oder ganze Schneisen der Verwüstung. Doch während der stationäre Handel um Frequenz kämpft und Online-Giganten wie Amazon sich ins Fäustchen lachen, zeigen sich auch interessante Gegenbewegungen. Der ‘Trend Check Handel Vol. 12’, eine Studie herausgegeben vom ECC Köln in Zusammenarbeit mit Salesforce, nimmt uns mit auf eine Reise durch die krisengeprägte Welt der HändlerInnen, KundInnen und Konsumtrends, die zwischen Sparkurs und einer Prise Hoffnung balanciert.
Erinnert sich noch jemand an die Zeit, als Black Friday ein US-amerikanisches Phänomen war, das uns lediglich aus Memes und Fernsehserien bekannt war? Diese Tage sind vorbei. Heute sind diese und ähnliche Aktionen fester Bestandteil der deutschen Konsumkultur – den Befragten waren 94% der Aktionen bekannt – und die Schnäppchenjagd gleicht mitunter einem Sport.
Doch ein Blick auf die Konsumtrends 2024 zeigt: die Zeiten des ziellosen Stöberns und Draufloskaufens scheinen vorbei: 46 % der in der Studie Befragten haben Elektronikartikel im Blick, und immerhin 40 % stürzen sich auf Mode – alles fein säuberlich vorgeplant. Spontanität? Fehlanzeige. Vielleicht liegt es daran, dass mittlerweile selbst Preisvergleiche vorab akribisch vorbereitet werden. Wer heute noch spontan shoppt, ist entweder mutig oder hat sein Budget nicht im Blick.
Trotzdem bleibt der stationäre Handel an Aktionstagen der klare Verlierer. Nur noch 19 % der Black-Friday-Einkäufe werden vor Ort getätigt – der Rest läuft online. Und wie immer: Amazon dominiert mit einem Marktanteil von 88 %, während Temu, SHEIN & Co. langsam aber sicher ihren Platz am deutschen Schnäppchenhimmel erkämpfen. Wer braucht schon Black Friday, wenn man 365 Tage im Jahr verdächtig günstige Handtaschen mit gratis Einhorn-Print bestellen kann?
Natürlich gibt es da auch noch die Weihnachtszeit – und schon jetzt zeigt sich, dass die Menschen 2024 wieder mehr in die theoretisch besinnliche Zeit investieren wollen. Nach Jahren des Sparzwangs kehrt eine leichte Kauflaune in die Konsumtrends 2024 zurück. Und das auch, aber nicht nur für Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt. Denn nur 25% der StudienteilnehmerInnen wollen an Weihnachtsgeschenken sparen, obwohl 56% angeben, zumindest die Preise intensiver zu vergleichen als in den Vorjahren. 58 % der Weihnachtseinkäufe wandern übrigens in digitale Warenkörbe, und selbst in stationären Geschäften sieht man wieder etwas mehr Betrieb – wenn auch eher der Inspiration als des Kaufens wegen.
Doch aufgepasst, liebe HändlerInnen: Service wird wieder großgeschrieben. Die jüngere kaufkräftige Generation liebt es, wenn sie beim Geschenke-Stress unterstützt wird. Ob Geschenkverpackungen, personalisierte Karten oder ganze Geschenk-Sets – Services sind für 42 % der befragten 18- bis 29-Jährigen ein Kaufargument. Und das ist nicht alles: Sie erwarten intuitive und detaillierte Filter („Zeig mir Geschenke für meinen Schwager, der alles hasst“), schnellen Versand und natürlich kostenfreie Retouren. Keine Retouren? Keine Party.
Video-Tipp
Wie sich ein Traditionsunternehmen erfolgreich im digitalen Handel behauptet, erfährst Du aus erster Hand von Dr. Felix Kreyer, CCO von Breuninger. Denn die renommierte Stuttgarter Warenhauskette hat längst auch den Onlinehandel erobert. Wie das Unternehmen seine DNA aus dem stationären in den digitalen Handel überträgt und in Sachen Kundenbindung brilliert, verrät Felix in diesem Video von der K5 2024:
Insolvenzen – das Wort, das so manchem HändlerInnen kalte Schauer über den Rücken jagt. Jede/r fünfte KonsumentIn war in den letzten Monaten betroffen, sei es durch geschlossene Geschäfte oder Onlineshops. Besonders bitter: Gutscheine, die nicht mehr eingelöst werden konnten, oder Produkte, die gar nicht erst geliefert wurden.
Doch hier kommt die spannende Wendung: 54 % der KundInnen wechseln in solchen Fällen zurück zu Marken und Shops, die sie bereits kennen und denen sie vertrauen. Wer es nicht ins „SOS-Set“ der KonsumentInnen schafft, hat das Nachsehen. Neue Anbieter? Schwierig. Etablierte Player? Jackpot. Das ist nicht nur ein Zeichen von Markentreue, sondern auch ein Plädoyer dafür, sich als Brand oder HändlerIn frühzeitig im Bewusstsein der VerbraucherInnen zu positionieren.
Was lange als Notlösung galt, ist heute Mainstream: Der Onlinehandel bleibt - wenig überraschend - der große Gewinner. Ein Drittel der KonsumentInnen greift regelmäßig auf den digitalen Kanal zurück, während die Frequenz in stationären Geschäften weiter sinkt. Hier hat sich das Niveau auf dem des Jahres 2022 eingependelt: 31% der Befragten besuchen also nach wie vor mehrmals wöchentlich stationäre Geschäfte.
Besonders bemerkenswert ist, wie stark Online-Plattformen den Kaufprozess prägen. Preisvergleiche, Sonderangebote und flexible Rückgabemöglichkeiten machen den Unterschied. Wer stationär mithalten möchte, muss dringend ein Erlebnis bieten, das den Komfort des E-Commerce in den Offlinehandel überträgt. Die Ansprüche der KundInnen haben sich nachhaltig verändert und planen keinen Rückschritt.
Die gute Nachricht: Es gibt erste Anzeichen dafür, dass die Konsumlaune nicht mehr ganz so gedrückt ist wie noch vor einem Jahr. 72 % der Befragten machen sich zwar Sorgen über Preissteigerungen, aber die Sparmaßnahmen werden etwas lockerer. Gerade bei Lebensmitteln zeigt sich, dass nicht mehr jede teure Marke vom Einkaufszettel gestrichen wird.
Die schlechte Nachricht: Der Weg zurück zur Normalität ist holprig. Viele VerbraucherInnen bleiben vorsichtig und konzentrieren sich auf das Nötigste. Wer als HändlerIn punkten will, muss Vertrauen schaffen – und eine echte Alternative zu Amazon & Co. bieten.
Die Studie macht in Sachen Konsumtrends deutlich: KonsumentInnen sind anspruchsvoller denn je. Sie wissen, was sie wollen, und lassen sich nicht mehr so leicht verführen. Für HändlerInnen heißt das: Wer flexibel auf diese Bedürfnisse reagiert, kann auch in Krisenzeiten wachsen. Hier die wichtigsten Hebel:
Also: Schnappt Euch den metaphorischen Einkaufswagen und füllt ihn mit Innovationen, KundInnenservice und einer Prise Mut. Die KonsumentInnen sind bereit – wenn ihr es auch seid.