Wie wird in Krisenzeiten konsumiert? Worauf achten KundInnen, welche Hürden müssen überwunden werden und wie kann der Handel reagieren? Mit diesen dringenden und brandaktuellen Fragen beschäftigt sich die jüngste Ausgabe des ‘Trend Check Handel’ des ECC Köln in Zusammenarbeit mit Salesforce. Die Studie beleuchtet nicht nur die aktuellen Konsumtrends, sondern zeigt auch, wie Händler mit Social Media und innovativen Konzepten punkten können - oder eben auch nicht.
Eines vorweg: Der viel zitierte Onlineshift ist - dem abgeflauten Boom zum Trotz - gekommen, um zu bleiben. Mehr als ein Drittel der KonsumentInnen (35%) ersetzt frühere stationäre Käufe inzwischen durch Online-Shopping. Das Niveau hat sich seit Ende der Pandemie eingependelt und zeigt keine Anzeichen von Ermüdung. Gleichzeitig pendeln sich die Besucherfrequenzen in Geschäften auf einem geringeren Niveau ein. Nur noch 3% der Befragten geben an, täglich stationäre Geschäfte zu nutzen, während es 2020 noch 8% waren.
Doch was treibt die KonsumentInnen in die virtuellen Einkaufswelten? Da ist zum einen natürlich die bekannte Bequemlichkeit, der Komfort von beinahe überall aus shoppen zu können. Zum anderen sind es aber auch handfeste wirtschaftliche Gründe: 45% der Befragten geben an, aktuell mehr online einzukaufen, da sich die Preise digital schneller und unkomplizierter vergleichen lassen. Wenn auf Ausgaben, besonders in Krisenzeiten, verstärkt geachtet werden muss, wird preisbewusst eingekauft - und das geht online einfacher als beim Schaufensterbummel.
Apropos preisbewusstes Einkaufen: Die Sorge vor Preissteigerungen ist nach wie vor allgegenwärtig. 68% der Befragten haben Angst, aufgrund der Preissteigerungen ihren Lebensstandard bald nicht mehr halten zu können. Das ist zwar ein leichter Rückgang im Vergleich zum Vorjahr (65%), zeigt aber, dass die Inflation weiterhin ein Damoklesschwert über den Köpfen der VerbraucherInnen ist.
Kein Wunder also, dass 39% der Befragten des 'Trend Check Handel Vol. 11' angeben, ihre Ausgaben bereits reduziert zu haben, während weitere 36% planen, dies in Zukunft zu tun. Der Handel steht also vor der Herausforderung, KundInnen zum Konsum in Krisenzeiten zu animieren. Doch wie? Eine Möglichkeit ist es, dorthin zu gehen, wo sich die KundInnen ohnehin viel Zeit verbringen: in die sozialen Medien.
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Hier haben wir die Ergebnisse von KonsumentInnen-befragungen durch pinops sowie Insights von Expertinnen und Experten zusammengestellt.
Die Nutzung sozialer Netzwerke hat sich auf einem hohen Niveau eingependelt. 88% der Befragten geben an, Social Media zu nutzen - bei den 18- bis 29-Jährigen sind es sogar 100%. Überraschenderweise erlebt Facebook dabei eine Art Renaissance: Die Nutzerzahlen sind im Vergleich zum Vorjahr deutlich gestiegen, von 48% auf 62%. Wer hätte gedacht, dass die Heimat der Blumenbilder und tanzenden Hasen noch einmal so aufblühen würde?
Doch welche Plattformen eignen sich nun am besten für HändlerInnen, um ihre Produkte unter die Leute zu bringen? Instagram und Facebook führen hier nach wie vor die Liste an: 62% der Instagram-NutzerInnen und 50% der Facebook-NutzerInnen folgen dort Händlern oder Herstellern. Bei den 18- bis 29-Jährigen sind es sogar 88% auf Instagram und 63% auf Facebook. Bei TikTok hingegen ist für den Handel noch deutlich Luft nach oben: Nur 41% der NutzerInnen folgen dort Marken oder Händlern.
Der Trend zum Social Commerce, also dem direkten Kauf von Produkten über soziale Netzwerke, wächst dabei langsam, aber stetig. 48% der Befragten geben an, schon einmal ein Produkt gekauft zu haben, auf das sie durch Social Media aufmerksam geworden sind. Bei den 18- bis 29-Jährigen sind es sogar 81%.
Interessanterweise zeigt sich hier eine Verschiebung in den präferierten Plattformen: Während Instagram mit 52% nach wie vor führend ist, holt YouTube mit 37% auf. Facebook liegt mit 25% auf dem dritten Platz. TikTok hingegen scheint sich trotz seiner Popularität im Social Commerce noch nicht nachhaltig positioniert zu haben - was auch an den Spielregeln der App liegen mag: in der Kürze liegt die Würze und das will gelernt sein.
Apropos Kaufimpulse: Das oft totgesagte Influencer Marketing erweist sich als erstaunlich zäh. 41% der Befragten geben an, schon einmal durch den Beitrag einer Person oder eines Influencers auf ein Produkt aufmerksam geworden zu sein. Bei den 18- bis 29-Jährigen sind es sogar 72%. Interessanterweise ist die Relevanz von Influencern bei der jüngsten kaufkräftigen Zielgruppe deutlich rückläufig - und unterstreicht die Bedeutung von authentischem Content, auch für Werbezwecke.
Werbeinhalte auf sozialen Netzwerken werden also fraglos wahrgenommen. 50% der befragten NutzerInnen nehmen auf Instagram regelmäßig Werbung wahr, auf YouTube sind es 46%. Doch wie effektiv ist diese Werbung? Immerhin 58% der StudienteilnehmerInnen geben an, schon einmal aktiv auf eine Werbung oder Anzeige in sozialen Netzwerken geklickt zu haben.
Damit Werbung wirkt, muss sie allerdings einige Kriterien erfüllen: 43% der Befragten würden wahrscheinlich auf eine Werbung klicken, wenn sie das gezeigte Produkt ohnehin kaufen wollten und 41%, wenn Inhalte vorgestellt werden, die ihnen tatsächlich weiterhelfen. Spannend: Beiträgen von Händlern, Marken und Herstellern wird mehr Vertrauenswürdigkeit, Authentizität und Glaubwürdigkeit zugeschrieben als reinen 'klassischen' Werbeanzeigen.
Was lässt sich also aus all diesen Zahlen und Trends ableiten? Zunächst einmal, dass der Handel in Zeiten von Inflation und Onlineshift - wenig überraschend - vor großen Herausforderungen steht. Denn Konsum in Krisenzeiten folgt ganz eigenen Regeln. KundInnen sind preisbewusster und nutzen verstärkt digitale Kanäle zum Einkaufen und zur Informationsbeschaffung.
Gleichzeitig bieten soziale Medien dem Handel neue Möglichkeiten, mit den KundInnen in Kontakt zu treten. Dabei gilt es, authentisch und vertrauenswürdig zu bleiben - reine Werbebotschaften stoßen schnell auf taube Ohren. Stattdessen sollten Händler und Hersteller auf relevante Inhalte setzen, die NutzerInnen einen echten Mehrwert bieten.
Der Trend zum Social Commerce bietet zudem die Chance, den Kaufprozess zu vereinfachen und direkt dort stattzufinden zu lassen, wo sich die KundInnen ohnehin gerne und viel aufhalten. Dabei sollten HändlerInnen jedoch die unterschiedlichen Präferenzen der Altersgruppen genau im Blick behalten - was bei der jüngsten kaufkräftigen Generation funktioniert, muss bei der Gen X oder Y noch lange nicht ankommen. Es gibt hier kein ‘one size fits all’.
Eines zeigt die 11. Ausgabe des ‘Trend Check Handel’ allerdings ganz deutlich: Der Handel muss flexibel, innovativ und vor allem (auch, aber nicht nur) digital sein, um in Krisenzeiten zu bestehen. Wer es schafft, die richtigen Kanäle zu bespielen, authentische Inhalte zu liefern und den KundInnen einen echten Mehrwert zu bieten, der wird auch in Zukunft erfolgreich sein - ob nun online oder offline. Und wer weiß: Vielleicht erleben wir ja bald eine Renaissance des Schaufensterbummels - nur eben digital, auf Instagram und Co. Hauptsache, die Füße bleiben dabei warm und trocken auf dem Sofa.