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Internationalisierung nach Deutschland: Erfolgsfaktoren und Fallstricke – Das Beispiel Bearaby

Katrin Grieser
Katrin Grieser
09. Jan.. 2025
Globus umgeben von kleinen Holzfiguren

Die Expansion in neue Märkte ist für Unternehmen eine Schlüsselstrategie, um Wachstumspotenziale zu erschließen. Besonders Deutschland ist ein beliebtes Ziel für internationale Marken, offline wie online, denn der Markt ist groß und die Städte sind zahlreich. Doch der deutsche Markt ist auch anspruchsvoll: Unternehmen stehen vor Herausforderungen wie hohen Kundenerwartungen, regulatorischen Hürden und kulturellen Unterschieden. Wer erfolgreich sein will, muss sich nicht nur flexibel anpassen, sondern auch die lokalen Bedürfnisse genau verstehen.

Ein Beispiel dafür, wie die Internationalisierung nach Deutschland gelingen kann, liefert Bearaby. Die US-Brand für nachhaltige Gewichtsdecken wurde 2018 von der deutschen Gründerin Kathrin Hamm in den Handel gebracht, ist inzwischen Marktführer in den USA und begeistert KundInnen online wie offline, wie Kathrin auch als Gast im ChefTreff Podcast berichtet hat. Mit Innovationskraft, starkem Branding und einem klaren Fokus auf KundInnenbedürfnisse hat Bearaby vor kurzem auch den Sprung nach Deutschland gemeistert – trotz einiger Hürden. Was können andere Unternehmen daraus lernen?

Ein attraktiver, aber anspruchsvoller Markt

Mit rund 83 Millionen Einwohnern und einer hohen Kaufkraft ist Deutschland der größte Markt Europas. Qualität, Transparenz und Nachhaltigkeit sind hier zentrale Werte, die für umweltbewusste Marken eine hervorragende Grundlage bieten. Zusätzlich punktet Deutschland mit einer starken digitalen Infrastruktur, einer hohen E-Commerce-Affinität und einem gut ausgebauten Logistiknetzwerk. Plattformen wie Amazon, Zalando oder Otto bieten ausländischen Marken einfache Einstiegsmöglichkeiten.

Doch der deutsche Markt verlangt einiges: KundInnen legen großen Wert auf Zuverlässigkeit, transparenten Kundenservice und lokal optimierte Produkte. Zusätzlich müssen Unternehmen komplexe regulatorische Anforderungen, wie CE-Zertifizierungen oder die DSGVO, einhalten.

Verena Schlüpmann
Geschäftsführerin der K5
»Du wünschst Dir Insights und Learnings von erfahrenen Gründerinnen und weiblichen Köpfen aus dem Future Retail? Dann ist der FEMALE in RETAIL Podcast genau das Richtige für Dich. Hör' doch mal rein!«
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Erfolgsfaktoren: So gelingt die Internationalisierung

Bearabys Internationalisierung nach Deutschland im Oktober 2024 zeigt, welche Faktoren für eine erfolgreiche Expansion entscheidend sind:

1. Marktforschung und Zielgruppenanalyse

Eine umfassende Analyse der lokalen Konsumtrends ist essenziell. Kathrin Hamm investierte stark in Marktforschung, um deutsche Schlafgewohnheiten und Bedürfnisse zu verstehen. Studien zeigen, dass rund 45 % der Deutschen unter Schlafproblemen leiden – ein ideales Umfeld für Produkte wie Gewichtsdecken. Mit der Einführung des europäischen Patents mit einheitlicher Wirkung ergab sich für Dr. Kathrin Hamm zudem die Möglichkeit, die in den USA bereits patentierte Technologie hinter den Bearaby-Gewichtsdecken zur Internationalisierung in europäische Märkte zu nutzen.

2. Produktanpassung

Deutsche KundInnen schätzen lokalisierte Produkte. Bearaby passte nicht nur die Materialauswahl, sondern auch Farbpaletten und Größenoptionen an europäische Standards an. Besonders beliebt: erdige Farbtöne, Bio-Baumwolle (in den USA setzt die Brand auch auf Tencel) und nachhaltige Verpackungen.

3. Lokale Logistik und Vertrieb

Effiziente Lieferketten sind ein Muss. Bearaby hat ein eigenes Warenlager in Hamburg aufgebaut, um schnelle Lieferzeiten der in Indien produzierten Ware von zwei bis drei Tagen zu garantieren. Generell gilt: ein EU-zentriertes Fulfillment ist eine Investition, aber reduziert Importhürden ganz beträchtlich.

4. Marketingstrategie und kulturelle Sensibilität

Deutsche KonsumentInnen schätzen faktenbasierte und transparente Kommunikation. Bearaby betont dabei die wissenschaftlich belegten Vorteile von Gewichtsdecken (die Idee zur Gründung entstand aus Kathrin Hamms persönlichen Schlafproblemen) und positioniert sich über Social Media und Content Marketing als nachhaltige Marke für achtsame KundInnen. Die gezielte Ansprache von Themen wie Stressabbau und Mental Health trifft den Nerv der Zielgruppe.

Herausforderungen und Lösungsansätze

Die Internationalisierung verlief dennoch nicht ohne Hindernisse. Besonders die Positionierung als Premium-Marke ist in Deutschland, trotz der hohen Kaufkraft, nicht ganz unkompliziert, da der Wettbewerb von günstigeren Alternativen auf großen Marktplätzen hoch ist. Um sich abzuheben, fokussiert Bearaby seine Kommunikation auf Content Marketing und rückt den Mehrwert seiner Produkte in den Mittelpunkt.

Ein weiterer Stolperstein: die DSGVO. Um Datenschutzstandards einzuhalten, musste der Onlineshop lokalisiert werden – ein zeit- und kostenintensiver Prozess. Zudem investierte Bearaby in deutschsprachigen Support und flexible Retourenrichtlinien, um das Vertrauen der KundInnen zu gewinnen und zu halten.

Best Practices von Bearaby

Trotz der Herausforderungen hat sich die klare Strategie der Brand als Erfolgsrezept erwiesen. Die wichtigsten Faktoren im Überblick:

  • Der richtige USP: Bearabys Decken aus Bio-Baumwolle und Tencel im fast schon skandinavischen Design treffen genau ins Schwarze - weg vom Medizinprodukt und hin zum Home & Living Element.
  • Lokale Partnerschaften: Kooperationen mit InfluencerInnen und Fachmedien wie Schöner Wohnen steigerten die Sichtbarkeit und Glaubwürdigkeit. Im Heimatmarkt USA setzt die Brand für den stationären Handel bspw. auf die Kaufhauskette Nordstrom
  • Produktinnovation: Das patentierte Garn bietet einen klaren Wettbewerbsvorteil und schützt vor Copycats. Die Einführung des Einheitspatents in der EU war für Kathrin Hamm daher ein entscheidender Faktor in der Internationalisierung.
  • Kundenzentrierung: Flexibler Service und Community-Building über Social Media stärken die Kundenbindung und hängt andere Hersteller auf so manchen großen Marktplätzen ab.
CT #230 Von der Weltbank zur Schlafrevolution - mit Dr. Kathrin Hamm, Founder & CEO von Bearaby
Podcast
Dr. Kathrin Hamm hatte eigentlich keine Gründungsambitionen, immerhin war sie vor ihrer Karriere als Startup-Gründerin als Ökonomin für die Weltbankgruppe tätig. Doch dann entwickelt sie Schlafprobleme - und stößt bei der Suche nach einer Lösung abseits von Medikamenten auf Gewichtsdecken. Von der Funktion ist sie begeistert, nicht aber von der Qualität und den Materialien. Also macht sie sich an die Entwicklung eines Prototyps. Im ChefTreff Interview mit Sven Rittau berichtet Kathrin u.a. wie aus diesem Prototyp eine Startup-Gründung wurde, welche Herausforderungen der Markteintritt in Europa birgt und warum Bearaby in den USA auch auf stationären Handel setzt.
Details anzeigen

Fazit: Lektionen für andere Unternehmen

Bearabys Erfolg zeigt, dass auch - oder gerade - die Internationalisierung nach Deutschland gezielte Vorbereitung und Anpassung erfordert. Wichtigste Learnings:

  • Finger weg von 'One size fits all'
  • Denn: Lokalisierung ist alles. Produkte, Marketing und Service müssen auf die Bedürfnisse des Zielmarktes und der potenziellen KonsumentInnen zugeschnitten sein.
  • Read the room: Gewichtsdecken sind schon seit Jahren im Handel - doch mit der Kombination aus Funktionalität, Nachhaltigkeit und ästhetischem Design war Bearaby an der Pole Position bevor das Rennen überhaupt begonnen hatte.
  • Compliance nicht unterschätzen: Regulatorische Anforderungen wie die DSGVO müssen von Anfang an in die Planung einfließen. Die Skepsis deutscher KonsumentInnen gegenüber Anbietern wie Temu oder SHEIN kommt nicht von ungefähr.

Die Internationalisierung nach Deutschland birgt großes Potenzial – doch sie verlangt Einsatz und strategisches Geschick. Wer wie Bearaby bereit ist, die nötigen Ressourcen zu investieren, kann von einem der anspruchsvollsten, aber lohnenswertesten Märkte der Welt profitieren. Immerhin warten hier aktuell rund 69 Mio. potenzielle (heißt volljährige) KundInnen (52 Mio, wenn wir nach aktivem Onlineshopping unter den 16- bis 74-Jährigen gehen) – und visionäre Unternehmen mit Fingerspitzengefühl haben beste Chancen.

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