Temu, der neue Stern am Onlinehandelshimmel, macht Amazon mit niedrigen Preisen und einem innovativen Marketing-Mix fröhlich Konkurrenz. Doch die jüngste Entwicklung könnte den Wettbewerb noch weiter anheizen: Temu öffnet seinen Marktplatz nun auch für europäische Händler und Marken. Was bedeutet das für die Zukunft des E-Commerce?
Seit seiner Einführung in Deutschland im Jahr 2023 hat Temu, eine Shoppingplattform mit Wurzeln in China, eine beeindruckende Nutzerbasis aufgebaut - Tendenz steigend. ExpertInnen prognostizieren weiteres Wachstum, das die Landschaft des Onlinehandels nachhaltig verändern könnte.
Temu kombiniert geschickt Online-Marketing mit KI-Modellen und KundInnendaten, um potenziellen KäuferInnen ganz gezielt Produkte vorzuschlagen. Diese Strategie, zusammen mit attraktiven Rabattaktionen und einer beinahe absurd breiten Palette an Produkten zu unschlagbaren Preisen, hat sich als äußerst wirksam erwiesen.
Ein wesentlicher Faktor für Temus Erfolg sind die niedrigen Preise. Durch Direktverkäufe von Herstellern, meist aus China, und das Umgehen von Zollgebühren kann Temu Produkte deutlich günstiger anbieten als die Konkurrenz. KritikerInnen weisen jedoch auf die problematische Praxis der falschen Deklaration von Waren hin, die zu unfairem Wettbewerb führt.
Neben den Preisen spielt allerdings auch das Einkaufserlebnis eine Rolle. Temu nutzt Gamification wie Glücksspiele und Videos, um seine (potenziellen) KundInnen länger auf der Plattform zu halten - und erhöht so nicht nur die Kaufwahrscheinlichkeit, sondern stärkt auch die KundInnenbindung.
In einem strategischen Schritt hat Temu nun seinen Marktplatz für Händler aus ausgewählten europäischen Ländern geöffnet. Seit Ende Juli können sich Verkäufer aus Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, Großbritannien und den Niederlanden auf der Plattform registrieren. Diese Entwicklung markiert einen bedeutenden Wendepunkt in Temus Geschäftsmodell und könnte weitreichende Auswirkungen auf den europäischen E-Commerce-Markt haben.
Um möglichst viele europäische Händler anzulocken, bietet Temu zunächst äußerst günstige Konditionen an. Verkäufer müssen keine Grundgebühren, Verkaufsprovisionen oder Kosten für die Bewerbung ihrer Angebote zahlen. Diese Strategie zielt darauf ab, schnell eine breite Basis an lokalen Anbietern aufzubauen und das Produktangebot zu diversifizieren.
Trotz der verlockenden Bedingungen gibt es einige Herausforderungen für europäische Händler:
Die Öffnung von Temu für europäische Händler könnte signifikante Auswirkungen auf den E-Commerce-Markt haben:
Amazon, OTTO und andere etablierte Marktplätze werden sich einem verstärkten Wettbewerb gegenübersehen. Temu könnte mit seiner Kombination aus günstigen Preisen, schnellem Versand und einem breiten Produktangebot eine ernsthafte Bedrohung darstellen.
Besonders für kleinere Händler ohne eigene internationale Präsenz bietet Temu die Möglichkeit, neue Märkte zu erschließen. Die Plattform übernimmt das länderübergreifende Marketing und den Kundenservice, was den Einstieg in den grenzüberschreitenden Handel erleichtert.
Renommierte Marken stehen vor der Entscheidung, ob sie auf einer als "Billiganbieter" wahrgenommenen Plattform präsent sein möchten. Einige ExpertInnen sehen Parallelen zur anfänglichen Skepsis gegenüber Amazon und erwarten, dass auch bekannte Marken letztendlich auf Temu vertreten sein werden.
Auf der K5 2024 hat China Tech Experte Ed Sander seine ehrlichen Insights zur Wachstumsrakete Temu geteilt - und klar gemacht, weshalb der europäische Handel den jungen Plattform-Riesen keinesfalls unterschätzen darf. Das ganze Video findest Du in der K5 Mediathek.
Trotz des Erfolgs gibt es gerade auf Seiten der Experten Bedenken hinsichtlich der Nachhaltigkeit und ganz besonders hinsichtlich der Arbeitsbedingungen in der Produktion der billig angebotenen Waren. Zudem setzt Temu auf Algorithmen und Marketingstrategien zur Manipulation des Konsumentenverhaltens und nimmt damit Überkonsum und Umweltbelastungen Schulter zuckend in Kauf.
Die Frage ist und bleibt, ob Temu in der Lage sein wird, etablierten Giganten wie Amazon langfristig die Stirn zu bieten. Immerhin sehen Experten in Temu einen potenziellen "Amazon-Killer", weisen jedoch auch auf die Notwendigkeit politischer Regulierungen hin, um fairen Wettbewerb zu gewährleisten. Und im fairen Wettbewerb hat der Fokus auf Quantität statt Qualität schon so manchem Unternehmen den Boden unter den Füßen weggezogen.
Die Frage bleibt, ob Temu in der Lage sein wird, etablierten Giganten wie Amazon langfristig die Stirn zu bieten. ExpertInnen sehen in Temu einen potenziellen "Amazon-Killer", weisen jedoch mit Nachdruck auf die Notwendigkeit von Grenzen und Regulierungen hin, um fairen Wettbewerb zu gewährleisten.
Die Öffnung von Temu für europäische Händler markiert einen Wendepunkt im E-Commerce. Während die Plattform zweifellos Potenzial hat, den Wettbewerb zu verschärfen und neue Möglichkeiten für Händler zu schaffen, bleiben Fragen bezüglich Nachhaltigkeit, fairer Wettbewerbsbedingungen und langfristiger Auswirkungen auf den Markt offen. Die kommenden Monate und Jahre werden zeigen, ob Temu tatsächlich das Zeug zum "Amazon-Killer" hat oder ob es sich als vorübergehendes Phänomen erweist.