Das Jahr neigt sich in großen Schritten dem Ende zu und die wunderbare Adventszeit steht an. Herrlich besinnlich das Ganze - also haben wir, passend zu stillen Zeit, auch dieses Jahr unsere Hosts der K5 Konferenz um einen erneuten Blick auf ihre K5 Thesen 2024 gebeten. Alexander Graf, Karo Junker de Neui, Stefan Wenzel, Johannes Altmann und Vivien Wysocki haben ihre 5x3 Thesen der K5 2024 für uns und für Euch nochmal genau unter die Lupe genommen. Immerhin kann sich in sechs Monaten eine Menge verändern, gerade wenn es um den digitalen Handel geht. Wie sie ein halbes Jahr später zu den Thesen stehen, ob sie nach wie vor für ihre Statements brennen oder sich ihre Meinung vielleicht deutlich geändert hat? Das könnt Ihr hier jeden Adventssonntag nachlesen.
Also genießt die K5 Thesen 2024 im Rückspiegel der Crème de la Crème des Future Retail und habt eine erholsame Adventszeit. Viel Spaß beim Lesen und Sinnieren!
In gesättigten Märkten schützt Differenzierung, sofern sie relevant ist und in einer digitalen Welt vor allem auf dem Smartphone sichtbar wird. Statt aber an echter Relevanz, also unserem Kern, zu arbeiten, bauen wir gerne bunte Features drumherum und finden uns gut dabei. Alle sind beschäftigt, die Projektpipelines sind voll, nur die Kundenrelevanz wird nicht besser. Dass dies endlich ist und mit zunehmender Preiskonkurrenz aus Asien noch schneller zum Ende führen kann, ist unschwer zu erkennen.
Absolut und nach einem durchwachsenen Q4 mit mehr Rabatten als zusätzlichen Deckungsbeiträgen werden noch mehr Marktteilnehmer die Segel streichen. Zu oft fehlt die Vorstellungskraft, dass Relevanz und Differenzierung nicht nur über den Preis zu erreichen sind. Im Gegenteil: Wenn es gelingt, emotionale Mehrwerte wie Zugehörigkeit oder Image und Prestige zu vermitteln, entsteht eine teilweise Entkopplung vom Warenwert und eine höhere Zahlungsbereitschaft - der stärkste Hebel für die Profitabilität. Aus meiner Sicht wird daher das Thema “Händler als Marke” für viele missionskritisch. Gewinnen werden diejenigen, die einerseits ein rationales oder emotionales Leistungsversprechen haben und andererseits darin besser und sichtbarer sind als ihre Wettbewerber.
Wir sind im zweiten Jahr der Effizienz-Schwerpunkte aufgrund der für viele schwachen Umsätze. Kosten wurden gesenkt, Prozesse automatisiert, Schnickschnack gestrichen, Homeoffice abgeschafft. Doch was in der Diskussion um das Ergebnis oft zu kurz kommt, ist die Frage nach der Wirksamkeit: Dinge nicht nur effizienter zu machen, sondern sie wirklich besser zu machen. Oder noch besser: das Richtige besser zu machen. Es geht eben nicht um das "Was", sondern um das "Wie". Bei hohen Überhängen und ruinösen Retourenquoten, bei drei Bestellungen pro Jahr trotz teuren Marketings und 2% Conversion Rate trotz jahrelanger Optimierungsarbeit ist unser Problem vor dem Komma, nicht dahinter. Das aber ist auch eine Frage des Mindsets.
Video-Tipp
Du willst noch mehr zu den Thesen von Stefan Wenzel wissen, und zwar (quasi) live und in Farbe? Dann kannst Du Dir seine drei Thesen zum Onlinehandel aktuell und der Zukunft auf unserem YouTube Channel K5 - Future Retail angucken. Ein Blick lohnt sich!
Man merkt, dass der Marktdruck für Bewegung sorgt, neue Denkweisen diskutiert und Ansätze ausprobiert werden. Es gibt Gamification- und Engagement-Tests, KI-basierte Lösungen gegen Retouren und erste Piloten für KI-optimierte Sortimentszugänge. Das alles wirkt aber noch sehr nah am Status quo und es fehlt vor allem bei den Großen der Mut, über inkrementelle Optimierungen in disruptive Ebenen vorzustoßen. Wir müssen aufpassen, dass uns nicht parallel zu unserer Risikoabwägung andere Player wie TikTok Shop oder Perplexity Shopping den Kundenzugang weiter abnehmen.
Wir sprechen von der Monetarisierung der Kundenbeziehung - direkt über den Verkauf von Waren und Dienstleistungen, indirekt über Retail Media und andere B2B-Dienstleistungen. All dies basiert auf der Prämisse, dass wir Zugang zum Kunden haben, diesen aber zu verlieren drohen. Shopping-Apps verlieren an Nutzungszeit gegenüber Kategorien wie Entertainment und Social Media. Shopatainment-Ansätze wie Temu schaffen die doppelte Nutzungszeit des Primus Amazon und TikTok wiederum die dreifache Zeit von Temu. Wer aber den Nutzer verliert und den Zugang über Dritte vermieten muss, wird es schwer haben.
Kurzfristig mag das Thema noch abstrakt erscheinen, aber die “QVC-isierung” von Social Media wird schnell voranschreiten und alle großen Plattformen werden ein Stück vom Kuchen abhaben wollen. Und am Beispiel des Vorstoßes von Perplexity in eine vertikal integrierte Shopping-Lösung sieht man, wie schnell die Kundenzugang durch die großen Sprachmodelle und Chatbots zusätzlich unter Druck geraten kann. Noch ist es nicht zu spät, eigene, bessere Erlebnis-Layer für den Handel zu entwickeln. Diese müssen aber besser sein als die der neuen Plattformwettbewerber. Wer als Händler beraten will, muss relevanter sein als Perplexity Shopping, wer als Händler unterhalten will, muss relevanter sein als TikTok oder Insta. Die Technologien für all das sind vorhanden, aber es fehlt noch an Kreativität und Mut, daraus neue Konzepte für die Kunden des Handels zu entwickeln.