… ist im ersten Lehrjahr zur Bürokauffrau: „Die Ablage ist zurzeit eine meiner Hauptaufgaben. […] In der Finanz- und Betriebsbuchhaltung gehen Rechnungen der verschiedenen Unternehmen ein, z.B. von Firma A oder Firma B. Um die Rechnungen unterscheiden zu können, werden verschiedenfarbige Buchungsbelege beigelegt, die einen Rosa, die anderen Ocker. […]“
So lese ich es in einem alten Tätigkeitsbericht von mir. Diese Berichte musste ich während meiner kaufmännischen Ausbildung nach dem Abi schreiben, das war 1996 – 1999. Jeden Monat schrieb ich so einen Bericht über eine jeweils andere Tätigkeit.
In einem anderen Bericht heißt es „Dieser Auftrag wird an die Ausführungsfirma gesandt, gefaxt oder telefonisch übermittelt. […]“. Dann schreibe ich weiter zu den Rechnungen, die in Bezug auf die zuvor genannten Aufträge eingehen: „Die Rechnungszusammenstellung wird erleichtert, wenn die Firma die Auftragsnummer auf Rechnung und Lieferschein angibt. […] Es kann vorkommen, dass der Auftrag zunächst nur teilweise ausgeführt und berechnet ist. Dann muss ich den Auftrag kopieren und die Kopie an die Rechnung heften. […]“
Tja, mal ehrlich – könnte auch 2023 im B2B Handels-Operations Kontext sein, oder? Aufträge werden gefaxt, Lieferscheine kopiert und Ablagen physisch alphabetisch vorgenommen. Hartnäckig hat sich die E-Mail als Digitalisierungszecke festgesetzt. Deren Freund ist DAS EXCEL-SHEET als Automatisierungsclown. Filmreife Kombi.
Also noch zieht die wirkliche Digitalisierungs- und Automatisierungskaravane in einigem Abstand an den B2B Handels-Operations vorbei – noch …. Ich wage die These, dass der B2B-Handelswelt eine ähnliche Umwälzung wie der B2C-Welt bevorsteht. Die digitalen Kaufportale und Marktplätze sind hier nur der Anfang.
Es sollten sich lieber mal alle sputen, die noch keinen ordentlichen, an den Consumer-Shops angelehnten B2B Onlineshop haben. Die digitale Kaufoption muss durch Prozesse und Abläufe ergänzt werden, die im besten Fall voll automatisiert Transaktionen bis ans Lagerregal durchschleusen. Auch im B2B Umfeld werden die Warenkörbe und Bestellmengen kleiner und heterogener und somit die Auftragsabfolge schneller und komplexer. Gut, wer hier in technische Infrastruktur investiert, welche eine systemische Skalierung ermöglicht. Es wird auch immer schwieriger, Menschen zu finden, die Aufträge erfassen und Belege ablegen.
In den Lieferantenbeziehungen ist dazu ein unbedingtes Umdenken in Bezug auf Datentransparenz und auch Datenhomogenität notwendig. Meine Daten + Deine Daten = Unser Geschäft. Hier sehe ich segmentspezifische Allianzen als Gamechanger. Der automatisierte Datenaustausch in Geld- und Warenflüssen, sowie Stammdaten aller Couleur, ist der Hebel zur Automatisierung und operativer Entlastung. Ein schönes Feld auch für neue Startups und schlaue Branchenlösungen. Entwicklungen sind schon zu sehen, einige davon stellen sich auch hier bei der K5 Konferenz vor – you better watch out.
Von Dörte Kaschdailis
Dörte Kaschdailis ist Co-Founderin und Managing Partner von opexxia. Vorherige Stationen waren unter anderem Planet Sports, OTTO und Hermes. Das von ihr 2016 mitgegründete Unternehmen opexxia hat sich auf Operational Excellence für den Handel im Wandel spezialisiert. Kaschdailis ist Expertin für strategisch operative Geschäftsentwicklung und komplexes Umsetzungsmanagement im vernetzten Handel. Zudem ist sie als Mentorin und Investorin tätig. Darüber hinaus moderiert und spricht sie zu Themen rund um Digitalisierung, Automatisierung und Transformation im (digitalen) Handel. Privat gilt ihre Leidenschaft der Natur und dem Trailrunning in den Bergen. Sie lebt mit ihrer Familie in München. Seit 2020 ist sie Co-Host des K5 Commerce Cast.
